Der Sinclair C5 hat ein großes Problem: Er hat keine rechtliche Zulassung auf deutschen Straßen. Da das Gefährt auch ohne Pedalkraft nur per Elektroantrieb fährt, ist es kein Pedelec, sondern benötigt eine Mofazulassung. Die allerdings bekommt es nicht, weil es keine Papiere hat. Und einen Sturzhelm möchte ich während der Fahrt eigentlich auch nicht tragen müssen. Eine handelsübliche Pedelec-Steuerung kostet einen Haufen Geld und ist zudem auch nicht wirklich kompatibel. Also ist DIY angesagt.

Die erste Idee, wie man den C5 in ein Pedelec verwandeln könnte, war enorm aufwendig. Ich wollte ein Display in die Konsole bauen, mit Geschwindigkeitsanzeige, Batterieüberwachung, Uhrzeit, Entfernungsmessung, Restkapazitäts-Berechnung und vielem mehr. Für solche Aufgaben hätte ein Mikrocontroller herhalten müssen. Kein Problem, wenn man genügend Zeit hat. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass der Sinclair möglichst schnell wieder auf die Straße soll, habe ich das gelassen und das Programm des Mikrocontrollers soweit eingedampft, dass es nur eine Aufgabe übernimmt, nämlich den Motor nur dann freizugeben, wenn die Pedale getreten werden.

Das Programm für einen AVR war schon geschrieben und im Simulator getestet, da schwante mir, dass ich hier mit einer riesigen Kanone auf einen Mini-Spatzen schieße. Denn was muss die Schaltung eigentlich tun? Nun, immer wenn ein Pedal an einem Reed-Kontakt vorbeirauscht, soll die Schaltung den Motor für einige Sekunden freigeben. Kommt das Pedal in dieser Zeit erneut vorbei, soll die Zeitrechnung von neuem beginnen. Erst wenn das Pedal lange Zeit (im Sinne der Elektronik) nicht mehr vorbeigekommen ist, muss der Motor stoppen.

Im Originalzustand wird der Motor einfach mit einem Mikroschalter am Pedal geschaltet. Es gibt keine Geschwindigkeitssteuerung, sondern nur ein digitales Ein und Aus. Das erleichtert den Schaltaufwand ungemein. Denn in diesem Fall lässt sich die Schaltung mit einem retriggerbaren Monoflop realisieren. Ein kleiner IC, der unwahrscheinlich oft verbaute NE555, verbunden mit ein bisschen Beiwerkelektronik, schaltet ein Relais. Das Relais wird einfach in Reihe zu dem Mikroschalter gesetzt. Die Schaltung wird von einem Reed-Kontakt aktiviert und gibt das Relais frei – und hält es auch noch eine gute Sekunde angezogen. Nur wenn in dieser Zeit kein erneuter Impuls des Reed-Kontakts eintritt, fällt das Relais nach etwas mehr als einer Sekunde ab.

Um diese Werte zu erreichen, habe ich auf eine Schaltung auf der Webseite www.themt.de zurückgegriffen, vielen Dank auch noch einmal für die Hilfe. Am Ausgang habe ich direkt ein Relais angeschlossen, bitte beim Nachbau die Freilaufdiode nicht vergessen, das killt sonst auf Dauer Eure Schaltung.

Auf dem Foto (im Google+ Account des rhn kurierservice) ist die Schaltung zu sehen, mit insgesamt vier Elkos. Ich hatte von den 220uF-Kondensatoren schlicht so viele übrig und keinen anderen, passenden Typ, dass ich davon vier parallel geschaltet habe. Als Widerstandswert habe ich einen 1,65kOhm Metallschichtwiderstand gewählt – auch hier habe ich mich an meinen Vorräten bedient. Zusammen ergibt diese Kombination eine Verzögerung von einer guten Sekunde, eine Ewigkeit, wenn man in die Pedale tritt und nicht zu lang, um ein Pseudo-Pedelec zu simulieren und den kritischen Blick der Rennleitung hoffentlich zu überzeugen.

Die Kabel für die Steuerung habe ich in den vorhandenen Kabelkanälen im Sinclair verlegt, was mitunter eine ziemliche Fummelei darstellt. Die Platine habe ich in einer Box vorne unter dem Vorderlicht untergebracht. Natürlich wäre eine Platzierung auch sehr viel dezenter möglich gewesen. Nur kann ich so zum einen die Reed-Kontakte in oder zumindest in der Nähe der Box befestigen und muss nicht in den Sinclair schrauben, zum anderen habe ich die Box in einer Größe gewählt, dass ich weitere Elektronik dort unterbringen könnte. Die Stromversorgung findet direkt an der hinteren Kontrollbox statt, die Kabel haben 2,5 Quadratmillimeter Querschnittfläche. So könnte eventuell ein USB-Ladeanschluss dort untergebracht werden, oder aber ein Zigarettenanzünder zum Anschluss beliebiger Geräte.

Auch an der Batterie hat es einige Modifikationen gegeben. Die Original-Anschlussbox musste weichen. Sie war bereits reichlich korrodiert, eine passende Ersatzbatterie wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. Stattdessen wird der Sinclair nun mit Standard-Autobatterieklemmen angeschlossen, der Pluspol wird über einen Batterie-Hauptschalter geleitet. So ist ein gewolltes und auch ein notwendiges Abschalten jederzeit möglich.

Außerdem hat im Gehäuse der Schalterbox noch eine Norm-KFZ-Buchse Platz gefunden, die bereits VOR dem Schalter an der Batterie angeschlossen wird und über eine eigene Sicherung verfügt. Sie kann zum Laden verwendet werden, auch wenn (und besser nur wenn) der Sinclair ausgeschaltet ist. Die Box selbst ist – natürlich nur mit Klettband – direkt auf der Batterie befestigt.

Bitte immer und bei allen Modifikationen und Reparaturen beachten: In einer Autobatterie steckt eine enorme Power. Wenn diese sich durch einen dauerhaften Kurzschluss ohne Sicherung oder Notschalter entladen kann, fliegt einem vermutlich nicht nur die Batterie, sondern auch alles umliegende um die Ohren. Normale Autobatterien sind mit Säure gefüllt, das macht das ganze noch weniger amüsant. Also bitte nur mit solchen Modifikationen spielen, wenn wirklich klar ist, was man da macht. Ansonsten Finger weg!

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